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Wertschöpfungs­kette und Produkte

Wertschöpfungs­kette und Produkte

Wert­schöpfungs­kette und Produkte

Wertschöpfungskette und Produkte
  • Nachhaltigkeit in Steuerung des Innovationsportfolios integriert
  • Entwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle
  • Ausbau der Produktpalette für mechanisches und chemisches Recycling
  • Product Stewardship: Neue regulatorische Herausforderungen

Forschung, Entwicklung & Innovation

Strategie und Management

Innovationen spielen eine entscheidende Rolle in der konsequenten Ausrichtung von Evonik auf Nachhaltigkeit und profitables Wachstum. Gleichzeitig unterstützen wir damit unsere Kunden, ihre eigenen Ziele hinsichtlich Klimaschutz, Zirkularität oder Biodiversität zu erreichen. Beispiele für unseren Innovationsbeitrag zu einer nachhaltigen Transformation sind etwa unsere Membrantechnologien oder unsere Lipid-Nanopartikel für moderne mRNA-Impfstoffe.

Nachhaltigkeit ist in die Steuerung unseres Innovationsportfolios integriert. Ziel ist, sowohl den Handabdruck als auch den Fußabdruck von Evonik zu verbessern. Zwischen dem Research, Development & Innovation (RD&I) Council und dem Sustainability Council bestehen deshalb bewusst personelle Überschneidungen. Die Allokation von Ressourcen in Forschung & Entwicklung (F&E) steuern wir nach strategischen Gesichtspunkten, die auch eine eingehende Nachhaltigkeitsbewertung umfassen. Das geschieht im Rahmen der gleichen Methodik, die wir auch für die Nachhaltigkeitsbewertung unserer Geschäfte etabliert haben. Mit „Idea to Profit (I2P)“ steuern wir unsere F&E-Projekte in mehreren Stufen von der Idee über die systematische Entwicklung bis zur profitablen Vermarktung. Im Berichtsjahr haben wir in diesem Prozess erstmals auch die Sustainability Focus Areas berücksichtigt.

Mit unserer Innovationskraft erschließen wir uns neue, zukunftsfähige Geschäfte in sechs Innovationswachstumsfeldern:

  • Sustainable Nutrition: Etablierung neuer Produkte und Services für eine nachhaltige Ernährung für den Menschen und in der Tierhaltung
  • Healthcare Solutions: Entwicklung neuer Materialien für Implantate und als Bestandteile von Zellkulturmedien sowie maßgeschneiderte, innovative Medikamentenformulierungen
  • Advanced Food Ingredients: Aufbau eines Portfolios von gesundheitsfördernden Substanzen und Nahrungsergänzungsmitteln als Beitrag zur gesunden Ernährung
  • Membranes: Ausweitung der SEPURAN® Technologie zur effizienten Gasseparation für weitere Anwendungen
  • Cosmetic Solutions: Entwicklung neuer naturbasierter Produkte für kosmetische Anwendungen sowie sensorisch optimierter Formulierungen für Hautpflegeprodukte
  • Additive Manufacturing: Auf- und Ausbau von Produkten und Technologien im Bereich additive Fertigung.

Unser Ziel ist, mit diesen Innovationswachstumsfeldern bis 2025 mehr als 1 Milliarde € zusätzlichen Umsatz zu erwirtschaften; dabei sind wir auf einem guten Weg. Die F&E-Aktivitäten werden federführend von unserer Funktion Research, Development & Innovation (RD&I) gesteuert. Diese umfasst die F&E-Teams der Wachstumsdivisionen, das Innovationsmanagement, die Creavis als Business Incubator und strategische Forschungseinheit sowie Evonik Venture Capital.

Creavis dient dem Konzern als Innovationsvorreiter für ressourcenschonende Lösungen mit Blick über 2025 hinaus. In dieser Rolle entwickelt sie transformative Innovationen jenseits des Produkt- und Marktfokus unserer operativen Geschäfte. Ihre Aktivitäten bündelt die Creavis in drei Inkubationscluster:

  • Das Cluster Defossilation unterstützt Industrien, unabhängiger von fossilen Rohstoffen zu werden. Hier werden wachstumsstarke Lösungen erarbeitet, die dazu beitragen, den Weg in eine zirkuläre und klimaneutrale Wirtschaft zu ebnen.
  • Schwerpunkt des Clusters Life Sciences sind neuartige Konzepte für die ressourcenschonende und nachhaltige Produktion von Lebensmitteln für eine weiterhin wachsende Weltbevölkerung. Die Vorbeugung und Heilung von Krankheiten, insbesondere im Hinblick auf das steigende Lebensalter vieler Menschen, ist ein weiterer Fokus.
  • Solutions Beyond Chemistry fördert nachverfolgbare, sichere und zirkuläre Wertschöpfungsketten auf Basis von „Domain Knowledge” und datenbasierten Lösungen. Das erhöht die Transparenz, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Industriesystemen.

Unsere Venture-Capital-Aktivitäten ermöglichen einen frühzeitigen Einblick in innovative Technologien und Geschäftsmodelle. Die Zusammenarbeit mit Start-up-Unternehmen weltweit gewährleistet Evonik einen beschleunigten Zugang zu attraktiven Zukunftstechnologien und Märkten. Seit der Gründung von Evonik Venture Capital im Jahr 2012 ist der Konzern mehr als 50 Beteiligungen eingegangen. Im Mai 2022 haben wir einen neuen Sustainability Tech Fund mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 150 Millionen € aufgelegt.

Globales Forschungsnetzwerk

RD&I umfasst weltweit mehr als 40 Standorte mit rund 2.700 F&E-Mitarbeitern. 2022 betrugen die F&E-Aufwendungen 460 Millionen €. Die F&E-Quote – das Verhältnis von F&E- Aufwendungen zum Umsatz – belief sich auf 2,5 Prozent (Vorjahr: 3,1 Prozent). Derzeit entfallen rund 82 Prozent unserer F&E-Aufwendungen auf die produzierenden Chemie-Divisionen, während 15 Prozent der Aufwendungen auf die Creavis entfallen. Einige unserer Projekte wurden im Berichtsjahr durch die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland gefördert. Hierfür erhielten wir insgesamt rund 5,2 Millionen €. Neue Produkte und Verfahren sichert Evonik mit einer umfassenden Patentstrategie ab. Den Wert und die Qualität unseres Patentportfolios haben wir in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert. Im Jahr 2022 wurden 256 Patente neu eingereicht; der Bestand der Patente und Patentanmeldungen lag insgesamt bei rund 24.000.

Unsere Fortschritte 2022

Im Berichtszeitraum haben wir zahlreiche Forschungsprojekte vorangetrieben, mit denen wir einen Beitrag zur Transformation zu mehr Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit leisten.

Mit dem neuen „Home of Polyurethanes“ am Standort Istanbul stärkt Evonik die technischen Serviceleistungen für Kunden aus der Türkei sowie dem gesamten Mittleren Osten und Afrika. Das Labor- und Kompetenzzentrum spielt eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, die Entwicklung neuer Produktlösungen direkt vor Ort anzustoßen und so neue Geschäftsmöglichkeiten in der attraktiven Region zu erschließen. Mit seiner hochmodernen Ausstattung bietet es den Kunden digitale Analyseverfahren für Polyurethan (PU)-Schaumanwendungen, technischen Service sowie maßgeschneiderte Schulungsmöglichkeiten.

In China hat Evonik unter dem Markennamen TEGO® Surten E ein neues Portfolio an Prozessadditiven auf den Markt gebracht. Die Zusatzstoffe verbessern Leistung und Effizienz beim Schneiden von Fotovoltaikwafern, sodass weniger kostspielige Nachbehandlungsarbeiten für geschnittene Wafer erforderlich sind. Die Produktserie erweitert somit unser Additiv-Portfolio für die Herstellung erneuerbarer Energien.

Evonik Venture Capital hat sich an Laxxon Medical (USA, Nevada) beteiligt – einem Spezialisten für 3D-Siebdrucktechnologie, mit der strukturierte Tabletten hergestellt werden können. Diese ermöglichen eine kontrollierte Freisetzung pharmazeutischer Wirkstoffe über einen längeren Zeitraum. Zudem können mehrere Inhaltsstoffe in einer Tablette kombiniert werden, was die Anzahl der Tabletten reduziert. Für eine zielgenaue Abgabe der Wirkstoffe in den neuartigen Tabletten sorgen Polymere von Evonik. Ein weiterer Vorteil der Technologie ist die Druckgeschwindigkeit: Sie ist deutlich höher als etablierte 3D-Druckverfahren und ermöglicht eine Massenproduktion. Die verbesserte Arzneimittelabgabe könnte Pharmaunternehmen die Möglichkeit eröffnen, bestehende Patente zu erweitern.

Evonik bietet seit Juli 2022 die rekombinante Kollagenplattform Vecollan® für medizintechnische Anwendungen im kommerziellen Maßstab an. Das Kollagen ist hochrein, reproduzierbar und vereinfacht somit die behördliche Zulassung von Medizinprodukten. Hergestellt wird es ohne tierisches Ausgangsmaterial, ähnelt aber in vielen Eigenschaften dem menschlichen Kollagen. Es eignet sich daher unter anderem für Anwendungen in Medizin, Pharmazie sowie Zell- und Gewebekultur. Der auf Fermentation basierende Produktionsprozess erweitert unser Portfolio an attraktiven Systemlösungen für die Medizintechnikindustrie.

Ein im September 2022 unterzeichneter Letter of Intent für eine strategische Kooperation mit der Pörner Gruppe (Österreich) und der thailändischen Phichit Bio Power Co. Ltd. wird uns ermöglichen, der globalen Reifenindustrie das erste biobasierte ULTRASIL® aus Reisschalenasche anzubieten. Da es überwiegend mit grüner Energie produziert wird, lässt sich der CO2-Fußabdruck um 30 Prozent reduzieren. Evonik unterstützt so die Ziele ihrer Kunden hinsichtlich Defossilierung und Kreislaufwirtschaft.

Im November 2022 haben wir ein neues globales Zentrum für Lithium-Ionen-Batterien in Schanghai (China) eröffnet. Hier werden wir an Batteriematerialien forschen und Kunden beim Prototyping von Batterien unterstützen. Die gemeinsame Entwicklung von Testbatterien ermöglicht es, unsere Materialien unter Bedingungen zu erproben, die den spezifischen Kundenbedürfnissen entsprechen, und somit den gesamten Innovationsprozess zu beschleunigen. Über 90 Prozent der Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien befinden sich in Asien, die meisten führenden Akteure kommen aus China. Mit dem neuen Zentrum in Schanghai ist Evonik gut darauf vorbereitet, das in der Region zu erwartende Wachstum durch leistungsstarke Lösungen zu unterstützen.

Circular Economy

Strategie und Management

Circular Economy steht für die Entkopplung von wirtschaftlichem Wachstum und Ressourceneinsatz, indem nach der Nutzungsphase wertvolle Rohstoffe durch Rezyklierung in den Kreislauf zurückgeführt werden. Eine bessere Ressourcennutzung und zirkuläres Wirtschaften erhalten für Evonik angesichts zunehmender Rohstoffknappheit und angespannter Lieferketten einen immer höheren Stellenwert. Mit unseren Aktivitäten wirken wir einer unzureichenden Verfügbarkeit von Ressourcen in der Lieferkette und in unserer Produktion entgegen. Zudem eröffnen sich für Evonik durch Circular Economy neue Geschäftsmöglichkeiten und attraktive Wachstumschancen. Das zeigen beispielsweise die gemeinsame Entwicklung eines effizienten Verfahrens zum Recycling von Matratzen mit der Vita Group sowie der Ausbau unseres Additiv-Portfolios für mechanisches und chemisches Recycling.

Im Berichtsjahr haben wir Circular Economy weiter vorangetrieben und uns ein quantitatives Abfallziel gesetzt.

Global Circular Plastics Program In unserem Global Circular Plastics Program bündeln wir konzernweit unsere zirkulären Aktivitäten mit Schwerpunkt auf Kunststoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das Programm umfasst kurz- bis mittelfristige Projekte mit einem klaren Fokus auf Kommerzialisierung. Diese adressieren beispielsweise

  • den Einsatz zirkulärer Rohstoffe,
  • die Entwicklung von Lösungen zu mechanischen und chemischen Recyclingtechnologien sowie
  • die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle, die die Anforderungen der Circular Economy berücksichtigen.

Die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Wertschöpfungsketten und entsprechende Partnerschaften sind für uns bedeutende Schlüssel, um die Transformation hin zu zirkulären Wirtschaftsformen zu unterstützen. Insgesamt rechnen wir ab 2030 mit einem zusätzlichen Umsatz aus dem Global Circular Plastics Program von mehr als 350 Millionen € pro Jahr.

Unser Beitrag zu Circular Economy entlang der Wertschöpfungskette

Upstream
Die Beschaffung zirkulärer Rohstoffe ist ein wichtiger Hebel, den eigenen Fußabdruck und insbesondere Scope-3-Emissionen zu verringern. Deshalb wollen wir zunehmend alternative Rohstoffe für die Herstellung unserer Produkte einsetzen. Dabei kann es sich um rezyklierte Sekundärrohstoffe aus fossilen und biobasierten Abfallquellen, biobasierte Primärrohstoffe oder CO2-basierte Rohstoffe handeln. Wir sind bestrebt, den Anteil nachwachsender Rohstoffe zu erhöhen. Dazu prüfen wir technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Gesichtspunkte. Eine Herausforderung bleibt die begrenzte Verfügbarkeit zirkulärer Rohstoffe aufgrund regional schwankender Angebote.

Gate to Gate
Ein Umsatzanteil von 84 Prozent außerhalb Deutschlands unterstreicht die globale Ausrichtung unseres Geschäfts. Wir betreiben Produktionsanlagen in 27 Ländern und sind damit nah an unseren Märkten und Kunden. Unsere größten Produktionsstandorte Marl, Wesseling, Rheinfelden, Antwerpen (Belgien), Mobile (Alabama, USA), Schanghai (China) und Singapur betreiben integrierte Technologieplattformen, die überwiegend für mehrere Geschäftsgebiete produzieren. So erzielen wir wertvolle Skaleneffekte und eine sehr gute Verwertung unserer Stoffströme im Verbund. Kontinuierliche Prozessoptimierung und Ressourcenschonung haben in der Produktion von Evonik seit jeher eine hohe Bedeutung.

Hinsichtlich der Verpackung von Produkten setzt Evonik auf die Reduzierung und Wiederverwertung von Materialien. Zu unseren Maßnahmen zählen die Verringerung der Wandstärken von Stahlfässern, die Gewichtsreduktion der Kunststoffinnenblase bei Intermediate Bulk Containern (IBC) oder die Reduktion der Grammaturen bei Papiersäcken. Wir setzen vermehrt auf geschlossene Kreisläufe und die Wiederverwendung von Verpackungen. Dazu wurden erste Piloten mit Endkunden ausgewählt, um einen geschlossenen Kreislauf für bestimmte starre Verpackungen zu etablieren. Auch mit dem verstärkten Einsatz wiederverwendbarer Ladungssicherungssysteme reduzieren wir den Verbrauch von Wickel-Stretch-Folien und verringern damit Plastikmüll bei unseren Kunden. Gemeinsam mit Endkunden, wie beispielsweise Autoherstellern, etablieren wir einen geschlossenen Kreislauf für Paletten und haben in Anwendungsbereichen mit hohen Paletten-Umläufen auf Kunststoff-Paletten als Pool-Paletten umgestellt. Wir sind bestrebt, den Recyclinganteil an Verpackungen stetig zu erhöhen. Bei den Kategorien mit niedriger Recyclingquote stehen regulatorische oder technische Hindernisse einer Erhöhung entgegen. Dies adressieren wir im Austausch mit Vertretern der Packmitteltechnik innerhalb des VCI sowie mit Kunden. Folgende Recyclingquoten pro Kategorie können wir ausweisen:

Downstream
Auch über den Verlauf der Produktnutzung und am Ende der Produktlebenszeit bietet Evonik Lösungen, die zirkuläres Wirtschaften unterstützen. So erhöhen unsere Additive die Haltbarkeit der Produkte unserer Kunden und tragen damit zur Ressourcenschonung bei. Außerdem verbessern unsere Additive mechanische und chemische Recyclingprozesse sowie Rezyklate. Im Bereich des mechanischen Recyclings stellt Evonik ein umfassendes Portfolio von Additiven bereit, mit denen wir unsere Partner unterstützen, Effizienz und Qualität ihrer zirkulären Prozesse zu optimieren.

Mit unseren Tensiden lassen sich beispielsweise Druckfarben von Altkunststoffen schneller abwaschen und Farbrückstände im rezyklierten Kunststoff verringern. Zudem verbleibt nach dem Waschen auf dem Kunststoff weniger Wasser, sodass Zeit und Energie beim Trocknungsprozess eingespart werden können. Unsere Additive minimieren auch den Geruch und verbessern die Verarbeitung und die mechanischen Produkteigenschaften von Rezyklaten. Im Ergebnis lassen sich so höhere Mengen an sekundären Materialien erzielen. Zudem arbeiten wir in einem gemeinsamen Projekt mit BMW und weiteren Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette an dem Ziel, einen hohen Anteil an Rezyklaten für Komponenten von PKWs zu ermöglichen.

Seit 2021 haben wir eine Partnerschaft mit Wildplastics – einem Start-up, das in Ländern mit unzureichendem Abfallmanagementsystem durch faire Bezahlung das Einsammeln von Kunststoffabfall aus der Natur fördert. Die recycelten Kunststoffe kommen beispielsweise als hochwertige Müllsäcke wieder zum Einsatz. Neben dem Bereitstellen von Additiven für den Wasch- und Verarbeitungsprozess bieten wir Wildplastics ein umfassendes Netzwerk und unterstützen damit gleichzeitig den Aufbau von Arbeitsplätzen in den betreffenden Ländern.

Mit unseren Technologien und Produkten ermöglichen wir, Altreifen am Ende des Lebenszyklus wieder in hochwertige Anwendungen zu rezyklieren und damit eine Verbrennung zu vermeiden. Unsere Partner ersetzen in Straßenasphalt fossiles Bitumen durch Reifengranulat und tragen somit zu einer Verringerung des ökologischen Fußabdrucks bei. Neben geringerem Verkehrslärm (Flüsterasphalt) und niedrigerem Benzinverbrauch der Autos ist der Straßenbelag damit deutlich langlebiger, recyclingfähig und der Wartungsbedarf geringer.

Das chemische Recycling bietet einen Lösungsansatz für Kunststoffabfallströme, die sich mechanisch nicht ökoeffizient oder technisch recyceln lassen. Dies betrifft zum einen gemischte, stark verschmutzte oder gefärbte thermoplastische Kunststoffe und zum anderen Duroplaste, die nicht aufgeschmolzen werden können. Evonik stellt ihren Partnern dazu Additive, Adsorbenzien, Katalysatoren und Prozess-Know-how zur Verfügung. Damit ermöglichen wir das chemische Recycling von Kunststoffresten, die sonst verbrannt oder deponiert würden. Evonik hat Prozesse für das chemische Recycling entwickelt, mit denen aus Polyurethanen die Grundbausteine zurückgewonnen und für die Herstellung neuer Polyurethane verwendet werden können. Dazu liefern wir mit unserem Know-how bei Katalysatoren und in der Prozesstechnik wichtige Beiträge. Auch bei PET-Verpackungen und gefärbten PET-Kunststoffen, die für das mechanische Recycling ungeeignet sind, sorgen unsere Katalysatoren und Prozesstechniken dafür, dass diese am Ende des Lebenszyklus einem Recycling zugeführt werden können.

Bei stark gemischten oder verschmutzten Kunststoffströmen tragen wir dazu bei, die Verbrennung von Kunststoffen zu vermeiden und stattdessen die Herstellung von Pyrolyseölen zu ermöglichen. Hierbei werden Kunststoffströme bei hoher Temperatur unter Luftausschluss in ein Pyrolyseöl umgewandelt, das als Ersatz für fossiles Naphtha im Cracker eingesetzt werden kann, um so Grundbausteine für die Polymersynthese bereitzustellen. Die Technologie befindet sich aktuell noch im Pilotmaßstab. Um dazu beizutragen, den ökologischen und ökonomischen Anforderungen auch im Großmaßstab zu genügen, haben wir unser Angebot im Bereich von Produkten zur Herstellung von Pyrolyseölen ausgebaut. Hierbei liefert Evonik Adsorbenzien und Katalysatoren zur Abtrennung von Kontaminationen und zur Aufreinigung sowie Additive, die eine Verarbeitung der Pyrolyseöle bei niedrigen Temperaturen ermöglichen. Mit unseren SiYPro™-Additiven helfen wir unseren Partnern, den Herstellungsprozess robuster und sicherer zu machen. Eine weitere Möglichkeit, um auch sehr stark verunreinigte oder gemischte Kunststoffströme im Kreislauf zu halten, bietet die Herstellung von Synthesegas, wofür wir ebenfalls Aufreinigungstechnologien wie Adsorbenzien entwickeln.

Auch beim Design for Recycling kommen Technologien von Evonik zum Einsatz. Das gilt beispielsweise für Heißsiegelbindemittel (DEGALAN®), die Joghurtbecher aus nur einem Material ermöglichen, sodass Deckel und Becher in einem recycelt werden können. Bislang werden Becher aufgrund des anhaftenden Aludeckels verbrannt. Auf der Kunststoffmesse (K Messe) in Düsseldorf haben wir 2022 zudem ein Konzept für einen 3D-gedruckten Monomaterial-Autositz präsentiert: Dabei ersetzt Polyamid 12 alle Materialien des Sitzes wie Kunststoffe, Metalle, Schäume und Textilien, wodurch ein kosteneffizientes und ökologisches mechanisches Recycling leicht möglich ist. Das Konzept soll andere Produktdesigner inspirieren, die Materialvielfalt möglichst zu reduzieren. Neue Geschäftsmodelle wie beispielsweise Leasingmodelle können solche Konzepte auch in preissensitiveren Märkten ermöglichen.

Eine lange Lebensdauer und gute Nutzbarkeit von Produkten sorgen dafür, dass Ressourcen und Abfälle reduziert werden, die sonst bei Maßnahmen zur Erhaltung oder erneuten Produktion eingesetzt worden bzw. entstanden wären. Ein gutes Beispiel sind unsere Additive für den Bautenschutz, die Stabilität und Ästhetik von Betonstrukturen vor Wetter- und Umwelteinflüssen schützen.

Für Produkte und Inhaltsstoffe, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder Anwendung schwierig bis gar nicht gesammelt und einer Wiederverwertung zugeführt werden können, bedarf es einer alternativen Lösung für Zirkularität. Diese bietet Evonik beispielsweise mit Biotensiden, die vollständig auf nachwachsenden Rohstoffen basieren und zu 100 Prozent biologisch abbaubar sind.

Effizienter Umgang mit knappen Ressourcen

Alternative und erneuerbare Rohstoffe

Evonik verwendet zur Herstellung ihrer Produkte zahlreiche Rohstoffe, die ebenso wie technische Güter und Dienstleistungen von einer Vielzahl unterschiedlicher Lieferanten bezogen werden. Der Rohstoffeinsatz erhöhte sich 2022 von 8,3 Millionen Tonnen im Vorjahr auf 7,7 Millionen Tonnen. Die Produktionsmenge betrug 8,8 Millionen Tonnen. Evonik ersetzt CO2e-intensive Rohstoffe durch Alternativen, wo immer dies möglich und wettbewerbsfähig ist.

Evonik verwendet in ihren Produktionsprozessen vor allem Dextrose und Saccharose, die als Substrate bei der fermentativen Herstellung von Aminosäuren eingesetzt werden. Natürliche Fette und Öle sowie deren Derivate finden Anwendung sowohl zur Herstellung von Rohstoffen für die Kosmetik-, Wasch- und Reinigungsmittelindustrie als auch zur Herstellung von technischen Hilfsmitteln. In der Rohstoffbeschaffung zählen nachwachsende Rohstoffe zu den „kritischen Rohstoffen“ – insbesondere im Hinblick auf die Versorgungssicherheit. Daher unterziehen wir diese einer gesonderten Betrachtung.

Wir sind bestrebt, den Anteil nachwachsender Rohstoffe zu erhöhen. Dazu prüfen wir technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Gesichtspunkte. Der Anteil nachwachsender Rohstoffe stieg 2022 auf 11,1 Prozent der Rohstoffbasis (Vorjahr: 9,7 Prozent).

Palmöl

Palmöl, Palmkernöl und deren Derivate finden bei Evonik überwiegend Anwendung sowohl zur Herstellung von Inhaltsstoffen für die Kosmetik-, Wasch- und Reinigungsmittelindustrie (Geschäftsgebiet Care Solutions) als auch zur Produktion von Polymeren, die als Viskositätsindexverbesserer und Stockpunkterniedriger in Schmierstoffen zum Einsatz kommen (Geschäftsgebiet Oil Additives). Der jährliche Bedarf liegt insgesamt bei rund 95.000 Tonnen. Die Anlage neuer Palmölplantagen und die damit verbundene Landnutzungsänderung sehen wir kritisch. Die ökologischen sowie sozialpolitischen Entwicklungen im Rahmen dieses Marktes werden deshalb mit besonderer Aufmerksamkeit betrachtet.

Evonik engagiert sich seit vielen Jahren für die Verwendung von nachhaltigem Palmöl in der Lieferkette. Dabei setzen wir auf international anerkannte Zertifizierungsstandards. Seit 2010 ist Evonik Mitglied im Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) und informiert über Aktivitäten und Ziele zur Förderung nachhaltigen Palmöls im jährlichen RSPO-Fortschrittsbericht. Im Rahmen unseres Engagements für den verantwortlichen Umgang mit Palmöl vernetzen wir uns außerdem entlang der Wertschöpfungskette aktiv mit NGOs, Kunden und weiteren Stakeholdern. Evonik hat Handlungsempfehlungen für die nachhaltige Beschaffung und Nutzung von Palmöl, Palmkernöl und deren Derivaten erarbeitet. Damit wollen wir unsere Mitarbeiter verstärkt für den verantwortungsvollen Umgang sensibilisieren. Die Handlungsempfehlungen haben wir auf unserer Webseite veröffentlicht. Konkrete Strategien, Ziele und Maßnahmen zu Palmöl werden in den operativen Managementteams der Geschäftsgebiete Care Solutions und Oil Additives beschlossen.

Der Evonik-Konzern will bis 2025 ausschließlich Produkte auf Basis von RSPO-zertifiziertem Palmöl und Palmkernöl verwenden. Neben dem deutlich gestiegenen Preisniveau ist eine weitere Herausforderung das regional stark schwankende Angebot von zertifizierten Derivaten. Dies ist mit einer Unsicherheit in der Bedarfssicherung verbunden. Voraussetzung für die Zielerreichung sind deshalb sowohl die Verfügbarkeit der entsprechenden Rohstoffe als auch die kommerzielle Umsetzbarkeit auf dem Weltmarkt.

Nachhaltige Palmölproduktion: Engagement mit WWF und Beiersdorf ausgeweitet
Die fortschreitende Entwaldung zur Etablierung neuer Palmölplantagen stellt eine große Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund hat Care Solutions zusätzliche Lieferkettenkriterien mit seinen Kunden erarbeitet. Weitere Fortschritte auf diesem Gebiet erwarten wir durch unser gemeinsames Projekt mit dem WWF und Beiersdorf. In dieser Partnerschaft wollen wir die nachhaltige Entwicklung der malaysischen Region Tabin in Sabah auf der Insel Borneo stärken. Ziel ist – basierend auf den drei Säulen Protect, Produce, Restore –, die nachhaltige Produktion von Palmöl und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu fördern und Entwaldung zu stoppen. Bis zum Jahr 2025 sollen kleine und mittelgroße Palmölbauern auf einer Fläche von insgesamt 20.000 Hektar Land nach RSPO zertifiziert werden. Zudem soll ein politischer Rahmen für eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft geschaffen werden. Ergänzend dazu haben sich die drei Partner vorgenommen, den Lebensraum der Wildtiere in Tabin zu schützen und mindestens einen ökologischen Korridor zu errichten, der den Wildtieren den Wechsel zu anderen Lebensräumen ermöglicht. Auch die Population bedrohter und gefährdeter Tierarten – wie den seltenen Borneo-Elefanten oder Orang-Utans – soll in den nächsten fünf Jahren stabilisiert werden.

Darüber hinaus hat sich Evonik im Berichtsjahr an einem weiteren Projekt von WWF und Beiersdorf in der indonesischen Provinz West-Kalimantan ebenfalls auf Borneo beteiligt. In dessen Rahmen sollen 200 unabhängige Palmölbauern und -bäuerinnen mit einer Fläche von insgesamt 300 Hektar Land nach RSPO zertifiziert werden. Angestrebt ist, dass die Kleinbauern bis 2026 einen direkten Marktzugang zu einer Palmölmühle erhalten. Das ist ein wichtiger Baustein für Beiersdorf und Evonik, die sich für Nachhaltigkeit entlang ihrer gesamten Lieferkette von Palm(kern)öl-Derivaten einsetzen.

Product Stewardship

Strategie und Management

Product Stewardship zählt zu den unabdingbaren Grundlagen unserer Geschäftstätigkeit. Sie ist unsere „license to operate“. Dazu gehört, mögliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch Produkte von Evonik zu bewerten und bestmöglich zu verringern.

Product Stewardship bei Evonik umfasst die Einhaltung aller gesetzlichen Regelungen – beispielsweise der europäischen Chemikalienverordnung REACH oder des Global Harmonisierten Systems (GHS) zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien. Wir haben die Eckpunkte unserer Product Stewardship in einer Product Policy festgelegt. Ergänzend dazu wurde in einem Konzernstandard definiert, wie die entsprechenden Verpflichtungen innerhalb des Unternehmens umzusetzen sind – Kontrollmechanismen zur Überprüfung der Einhaltung eingeschlossen. Über die gesetzlichen Regelungen hinaus bekennen wir uns seit vielen Jahren zur internationalen Responsible-Care®-Initiative und zur Responsible Care Global Charter des Weltchemieverbands ICCA , die auch den Aspekt Global Product Strategy (GPS) beinhaltet.

Umsetzung der REACH-Verordnung und Dossierqualität

REACH schreibt die Registrierung aller Stoffe vor, die in einer Menge von mehr als 1 Tonne pro Jahr in der EU hergestellt, in diese importiert oder dort auf den Markt gebracht werden. Evonik unterstützt die Ziele zum Schutz von Gesundheit und Umwelt beim Umgang mit Chemikalien. Um die komplexen Anforderungen von REACH umzusetzen, sind wir im engen Dialog mit unseren Lieferanten, Kunden, Fachverbänden und Behörden.

Neben den weiterhin erforderlichen Stoffregistrierungen stehen insbesondere Dossier- und Stoffbewertungen sowie Beschränkung und Zulassung im Vordergrund. Evonik ist derzeit nicht von eigenen Zulassungen betroffen. Um frühzeitig festzustellen, ob unsere Stoffe möglicherweise darunter fallen, gleichen wir behördlich veröffentlichte Stofflisten mit unserem Portfolio ab, um erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu tauschen wir uns eng mit unseren Kunden aus. Überprüfungen erstrecken sich auch auf die von uns eingekauften Rohstoffe. Für besonders besorgniserregende Stoffe, wie z.B. solche, die auf der sogenannten Kandidatenliste der REACH-Verordnung stehen, besprechen wir im Bedarfsfall das weitere Vorgehen mit den Lieferanten oder suchen nach Alternativen. Für alle Anfragen unserer Kunden und Lieferanten, die REACH betreffen, haben wir zur zeitnahen und umfassenden Beantwortung einen E-Mail-Briefkasten eingerichtet.

Das Global Harmonisierte System (GHS)
Das GHS ist ein von den Vereinten Nationen ins Leben gerufenes, weltweites System zur Einstufung von Chemikalien sowie zu deren einheitlicher Kennzeichnung auf Verpackungen und in Sicherheitsdatenblättern. Weltweit ist der GHS-Umsetzungsstand nach wie vor unterschiedlich. Wir haben deshalb bei Evonik eine Datenbank eingerichtet, in der Informationen über Fortschritte, Änderungen und Anforderungen in den Ländern gesammelt und intern kommuniziert werden. In allen Ländern, in denen GHS/CLP-Vorgaben existieren, setzt Evonik diese um.

Unsere Chemicals-Management-Systeme
Wir unterziehen sämtliche von uns in Verkehr gebrachten Stoffe (>1 Tonne/Jahr) einer Bewertung. Besonders gefährliche Stoffe berücksichtigen wir auch in kleineren Mengen. Das ermöglicht eine fundierte Risikoabschätzung. Im Bedarfsfall werden bestimmte Verwendungsmuster eingeschränkt oder im Extremfall sogar Anwendungsverbote für einzelne Produkte ausgesprochen.

Für die Bewertung unserer Stoffe verwenden wir das von Evonik selbst entwickelte Chemicals-Management-System (CMS). Das System erlaubt uns, unsere Stoffe auf globaler Ebene zu bewerten. Die CMS-Inhalte wurden mit den GPS-Vorgaben des internationalen Chemieverbands ICCA sowie den REACH-Anforderungen harmonisiert. Wir wollen alle Stoffe, die seit 2017 aufgrund von Akquisitionen in unser Portfolio gekommen sind, bis Ende 2023 erfassen und bewerten.

Als Erweiterung des CMS bezieht sich unser Chemicals-Management-SystemPLUS auf Produkte, die mehr als 0,1 Prozent besonders besorgniserregende Stoffe enthalten. Unser Ziel ist, diese, wo immer möglich, zu reduzieren oder zu ersetzen. Voraussetzung dafür ist eine vertiefte Betrachtung, um geeignete Maßnahmen für eine weitere Reduktion möglicher negativer Auswirkungen auf Menschen und Umwelt abzuleiten. Rund 2 Prozent unserer Produkte fallen derzeit unter die Kriterien durch eine Bewertung mit CMSPLUS. Seit 2017 sind auch hier durch Akquisitionen weitere Stoffe in unser Portfolio gekommen, die unter das CMSPLUS fallen. Diese wollen wir ebenfalls bis Ende 2023 erfassen und bewerten.

Mit dem Green Deal hat die Europäische Kommission einen Fahrplan vorgelegt, wie die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Ein Element im Rahmen des Null-Schadstoff-Ziels ist die EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (CSS), die weitreichende Auswirkungen auf die chemische Industrie sowie deren Wertschöpfungskette haben wird. Basierend auf einer internen Betroffenheitsanalyse sowie einer Wirtschaftlichkeitsanalyse von Cefic zu den potenziellen Auswirkungen der CSS bringen wir uns im Rahmen unserer Verbandsarbeit aktiv in Gespräche mit Entscheidungsträgern auf nationaler und europäischer Ebene ein.

Green Deal: Die größten regulatorischen Herausforderungen für Evonik
  • Änderung und Verschärfung der REACH-Verordnung
  • Änderung der Einstufungs- und Kennzeichnungsverordnung (CLP)
  • Höhere Anforderung infolge der geplanten Ökodesign-Verordnung (ESPR)
  • Verschärfung der Industrie-Emissions-Richtlinie (IED)
  • Einführung einer Leitlinie für „Safe and Sustainable by Design“ (SSbD)
  • Umsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung
  • Verschärfung der Verpackungsverordnung

Evonik unterstützt die Ziele des Green Deal und setzt sich dafür ein, dass die geplanten Änderungen mit Augenmaß erfolgen, Planbarkeit gewährleistet ist und REACH das zentrale Regulierungsinstrument für Chemikalien bleibt. Dafür beteiligen wir uns aktiv an Konsultationen sowie an den zwei Phasen der Wirtschaftlichkeitsanalyse des europäischen Chemieverbands Cefic. Gegenüber der EU-Kommission adressieren wir auch den drohenden Mangel an bestimmten eingestuften Stoffen bzw. Stoffgruppen für unsere Industrie.

Evonik sieht folgende im Rahmen der REACH-Revision vorgesehene Verschärfungen als besonders kritisch an: Den generischen Risikoansatz, die Polymerregistrierung, die umfassenden Datenforderungen zur Ermittlung von Stoffen mit endokrin disruptiven Eigenschaften sowie Persistenz oder auch den Bewertungsfaktor für Gemische (MAF).

Beim generischen Risikoansatz soll die zur wissenschaftlich fundierten Bewertung erforderliche Exposition außer Acht gelassen werden. Es ist geplant, Beschränkungen bzw. Verbote allein auf Basis der Gefahreneigenschaften zu erlassen. Dieser Ansatz soll nicht nur im Endkonsumentenbereich verstärkt angewendet, sondern auch auf den gewerblichen Bereich ausgedehnt werden.

Die EU-Kommission hat den Auftrag, die Vorgaben für eine Polymerregistrierung unter REACH zu prüfen und umzusetzen. Der aktuell diskutierte regulatorische Ablauf dürfte zukünftig zweigeteilt sein. Demnach wäre zunächst eine Notifizierungsphase zur Erfassung aller auf dem EU-Markt befindlichen Polymere geplant. In einem zweiten Schritt würde eine Gruppierung der Polymere erfolgen einschließlich nachgelagerter Datengenerierung. Demnach fielen bis zu 70 Prozent der auf dem EU-Markt befindlichen Polymere unter eine Registrierungspflicht mit entsprechenden Datenanforderungen. Aus Industriesicht müssen Kosten und Aufwand im vertretbaren Rahmen bleiben.

Im Rahmen der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit sind erweiterte Datenanforderungen zu endokrinen Disruptoren sowie Beschränkungen und gegebenenfalls Verbote für Verbraucheranwendungen vorgesehen. Endokrine Disruptoren können sowohl natürliche als auch chemische Stoffe sein, die die Regulierung des Hormonsystems stören oder ändern, sodass es zu nachhaltig schädigenden Wirkungen kommen kann.

Beim Bewertungsfaktor für Gemische geht es um die Einführung eines zusätzlichen Sicherheitsfaktors zur Bewertung von möglichen Additiv- und Synergieeffekten. Die Europäische Kommission fordert einen generischen Faktor für alle Anwendungen. Dies könnte bedeuten, dass bislang sichere Verwendungen wegfallen. Evonik setzt sich dafür ein, dass ein gezielter („targeted“) MAF Anwendung findet.

Auch die geplanten Änderungen der CLP-Verordnung enthalten kritische Punkte. So werden beispielsweise endokrine Disruptoren, PBT/vPvB sowie PMT/vPvM, als neue Gefahrenklassen eingeführt. Bei PBTs handelt es sich um Stoffe mit persistenten, bioakkumulierbaren und toxischen Eigenschaften. PMT-Stoffe haben persistente, mobile und toxische Eigenschaften. Die Einführung erfolgt im Geltungsbereich der EU (CLP) ohne vorherige Abstimmung auf UN-Ebene (GHS). Darüber hinaus gelten aus Industriesicht endokrine Disruptoren als Wirkmechanismus und nicht als Endpunkt. Zudem sind die Kriterien für Mobilität nicht ausreichend definiert. Die EU-Chemikalienstrategie verfolgt das Ziel, Stoffe, die diese Kriterien erfüllen, als Stoffe mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften (Substances of Very High Concern, SVHC) zu definieren und als solche unter der CLP-Verordnung zu regeln.

Die vorgeschlagene Verordnung „Ecodesign for Sustainable Products Regulation” (ESPR) legt Leistungs- und Informationsanforderungen für fast alle Produktkategorien fest. Dazu gehören unter anderem Haltbarkeit, Recycling und Ressourceneffizienz. Aus Sicht von Evonik gehen die geplanten Informationsanforderungen für den digitalen Produktpass über das notwendige Maß hinaus, da Produktinformationen offengelegt werden müssen, die den Know-how-Schutz betreffen. Außerdem besteht die Gefahr, dass bestimmte Substances of Concern (SoC) zusätzlich zur REACH-Verordnung reguliert werden.

Darüber hinaus arbeitet die EU-Kommission an einer Verschärfung der Industrie-Emissions-Richtlinie (IED). Diese fordert die Einführung eines Umweltmanagementsystems, das ein sogenanntes Chemikalienmanagementsystem einschließlich einer Risikobewertung für Umwelt und Gesundheit umfasst. Das Umweltmanagementsystem soll zu einer Betreiberpflicht werden und ist nicht deckungsgleich mit bestehenden Umweltmanagementsystemen wie ISO 14001 oder ISO 50001.

„Safe and Sustainable by Design” (SSbD) ist ein neues Konzept, bei dem bereits in der Innovationsphase die Sicherheit und Nachhaltigkeit von Produkten bewertet werden sollen. SSbD befindet sich aktuell noch in der Entwicklung und wird sowohl auf Verbandsebene als auch bei Evonik im engen interdisziplinären Austausch zwischen Product Stewardship, Innovation und Nachhaltigkeit beobachtet und begleitet. Es ist zunächst als Leitlinie und nicht als Gesetz geplant und wird voraussichtlich Auswirkungen auf unser Produktportfolio haben.

Im Rahmen der Umsetzung der EU-Taxonomie sieht Evonik noch erheblichen Diskussionsbedarf bei den Kriterien für Do No Significant Harm (DNSH) bezüglich des Umweltziels „Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung“, da diese teilweise weit über die REACH-Regularien hinausgehen und nicht eindeutig genug formuliert sind. Der delegierte Rechtsakt zu diesem Umweltziel steht noch aus.

Die EU-Kommission plant, die Richtlinie für Verpackungen und Verpackungsabfälle durch eine Verordnung zu ersetzen. Evonik sieht die Gefahr, dass auch hier bestimmte Stoffe zusätzlich zur REACH-Verordnung reguliert werden. Wir verfolgen die weitere Entwicklung sowohl intern als auch auf Verbandsebene.

Auch im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsanalyse der Geschäfte werden Aspekte von Product Stewardship entlang der Wertschöpfungskette untersucht. Dabei geht es um den Erhalt unseres Produktportfolios durch die Substitution von Gefahrstoffen in der Lieferkette. Gleichzeitig arbeiten wir an alternativen Lösungen für gefährliche Produkte. Im Berichtsjahr haben wir in verschiedenen Kategorien unserer Nachhaltigkeitsanalyse der Geschäfte Signale zu Product Stewardship erfasst und bewertet. Dabei beziehen sich die Signalkategorien 1 und 2 konkret auf kritische Substanzen und Regulatorik. Wir legen großen Wert darauf, frühe Marktsignale jenseits bereits beschlossener oder aktiver Regulatorik zu erfassen. PARCs mit negativer Bewertung – sogenannte „Transitioner“ oder als „Challenged“ klassifizierte Umsätze – machen nur einen geringen Teil unseres Portfolios aus. Den Umsatzanteil mit „Challenged“-Produkten wollen wir dauerhaft niedrig halten.

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